
Mathematik – für viele Kinder und Jugendliche ist sie ein leidiges Thema. Zu viele Zahlen, zu viele Formeln, zu viele abstrakte Konzepte, die einfach nicht begriffen werden können. Oft hört man den Spruch: „Mathe brauche ich nicht“, besonders von Schülern, die mit mathematischen Aufgaben Schwierigkeiten haben.
In diesem Blogartikel möchte ich aufzeigen, warum Mathe eine wichtige Rolle in unserem Alltag spielt und wie sie uns in verschiedenen Lebensbereichen unterstützen kann.
Außerdem widme ich mich der Frage, wie Kinder und Jugendlichen wieder Spaß an Mathe finden können.
Mathe im Alltag: Überall präsent aber oft unsichtbar
Viele Kinder und Jugendliche denken, dass Mathe nur im Klassenzimmer eine Rolle spielt, aber in Wirklichkeit begegnen wir Mathematik im Alltag ständig. Hier einige Beispiele, wie Rechnen im täglichen Leben von Bedeutung ist:
Einkaufen : Wenn wir einkaufen, müssen wir Preise vergleichen, Rückgeld berechnen oder entscheiden, ob unser Geld für den geplanten Einkauf ausreicht.
Kochen und Backen: In der Küche sind Maßeinheiten und Umrechnungen entscheidend. Ein Rezept für vier Personen benötigt andere Zutatenmengen als für acht Personen. Kinder lernen, mit Brüche und Dezimalzahlen umzugehen, wenn sie Rezepte anpassen oder die richtige Kochzeit berechnen.
Zeitmanagement: Wer pünktlich zur Schule oder einer Verabredung kommen möchte, muss wissen, wie viel Zeit man für den Weg benötigt und wann man losgehen muss. Auch im Umgang mit Stundenplänen oder beim Planen von Aufgaben für den Tag ist das Verständnis von Zeit und deren Aufteilung wichtig.
Bauen und Reparieren: Wenn ich mir mein Zimmer neu einrichten möchte, muss ich sehr genau planen und messen, ob die gewünschten Möbel überhaupt passen. Bevor ich die Farbe für die Wände kaufe, muss ich herausfinden, wie groß die zu streichende Fläche ist, damit ich nicht zu viel oder wenig Farbe kaufe.
Technologie und digitale Geräte: In der heutigen digitalen Welt kommen wir in fast jedem Bereich mit Mathematik in Berührung. Sei es beim Programmieren, der Nutzung von Apps, beim Navigieren mit GPS oder bei der Nutzung von Smartphones und Computern – überall wird Mathematik verwendet, um Funktionen und Berechnungen zu ermöglichen.
Freude an Mathe aufbauen und stärken
In der Lerntherapie für Kinder mit Dyskalkulie wird versucht, diese Barrieren systematisch abzubauen. Dabei steht nicht die klassische Vermittlung von mathematischem Wissen im Vordergrund, sondern eine ganzheitliche Unterstützung. Es geht darum, die individuellen Lernprozesse der Kinder zu verstehen und auf ihre Bedürfnisse und Stärken einzugehen.
Therapeuten nutzen dabei eine Vielzahl an Methoden, um das mathematische Verständnis zu fördern. Dies reicht von spielerischen Ansätzen, die das Zahlverständnis durch alltägliche Situationen schulen, bis hin zu speziellen Übungen, die die Problemlösekompetenz in kleinen Schritten steigern. Der Fokus liegt dabei auf den Prozessen, die zu einer positiven Veränderung führen und den Schülern ein Erfolgserlebnis vermitteln.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die emotionale Begleitung. Mathematische Misserfolge können bei betroffenen Kindern und Jugendlichen oft zu Ängsten und Frustrationen führen. In der Lerntherapie ist es deshalb wichtig, den Schülern durch gezielte Motivation und positive Verstärkung zu zeigen, dass Mathematik nicht nur aus trockenen Zahlen besteht, sondern auch Spaß machen kann.
Mathe in der Lerntherapie: Ein Weg aus der Krise
In der Lerntherapie ist es entscheidend, den Umgang mit dem Thema „Mathe brauche ich nicht“ aktiv zu gestalten. Viele Schüler, insbesondere solche mit Dyskalkulie, haben negative Erfahrungen mit Mathematik gemacht, was zu einer Abneigung oder sogar Angst führen kann. Hier sind einige Ansätze, wie wir in der Lerntherapie Gespräche über diese Einstellung führen und gleichzeitig das Lernen fördern können.
1. Offene Gespräche führen
Ein wichtiger Schritt ist, offene Gespräche über die Einstellung zur Mathematik zu führen. Es ist hilfreich, den Schülern einen Raum zu bieten, in dem sie ihre Gedanken und Gefühle über Mathe äußern können. Fragen wie „Was denkst du über Mathe?“ oder „Warum glaubst du, dass du Mathe nicht brauchst?“ können den Dialog eröffnen.
- Ermutigung zur Reflexion: Indem wir die Schüler dazu anregen, über ihre Erfahrungen nachzudenken, können wir herausfinden, woher ihre Abneigung kommt. Oft sind es negative Erlebnisse oder das Gefühl, nicht gut genug zu sein, die diese Einstellung prägen.
2. Positive Erfahrungen schaffen
Um die negative Einstellung zu verändern, ist es wichtig, positive Erfahrungen mit Mathe zu schaffen. Dies kann durch spielerische Aktivitäten, kreative Projekte oder den Einsatz von Technologie geschehen.
- Erfolge feiern: Jedes kleine Erfolgserlebnis sollte gewürdigt werden. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und zeigt den Schülern, dass sie in der Lage sind, mathematische Konzepte zu verstehen und anzuwenden.
3. Relevanz von Mathematik aufzeigen
Ein weiterer Ansatz ist, den Schülern zu zeigen, wie Mathematik im Alltag relevant ist. Gespräche über die praktischen Anwendungen von Mathe können helfen, die Abneigung zu verringern:
- Alltagsbeispiele: Diskutiere, wie Mathematik in verschiedenen Berufen oder im täglichen Leben eine Rolle spielt. Dies kann helfen, das Interesse zu wecken und die Sichtweise zu ändern, dass Mathe „unnötig“ ist.
4. Individuelle Lernstrategien entwickeln
In der Lerntherapie ist es wichtig, individuelle Lernstrategien zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse des Schülers abgestimmt sind.
- Multisensorisches Lernen: Nutze verschiedene Lernmethoden, um Mathematik greifbarer zu machen. Dies kann durch den Einsatz von Materialien, Spielen oder digitalen Tools geschehen, die das Lernen unterstützen und gleichzeitig Spaß machen.
5. Unterstützung durch die Eltern
Eltern können eine wichtige Rolle spielen, indem sie eine positive Einstellung zur Mathematik fördern. Gespräche über die Bedeutung von Mathe und das Teilen eigener positiver Erfahrungen können helfen, das Mindset des Kindes zu beeinflussen.
- Eltern einbeziehen: Informiere die Eltern über die Fortschritte und Erfolge ihres Kindes in der Lerntherapie. Dies kann das Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes stärken und die Unterstützung zu Hause fördern.
6. Hilfen in der Schule
Lehrer können im Unterricht eine wertvolle Fragekultur bei Schwierigkeiten fördern. Sich bewusst Hilfe zu holen, ist ein Ziechen von Stärke.
- Individuelle Nachteilsausgleiche: Material zum handelnden Umgang kann allen Kindern zur Verfügung gestellt und als selbstverständlicher Bestandteil des Unterrichts etabliert werden.
Wie können Kinder wieder Spaß an Mathe finden?
Mathe muss nicht langweilig sein! Mit den richtigen Ansätzen, Spielen, kreativen Projekten und interaktiven Lernmethoden kann Mathe zu einem spannenden und unterhaltsamen Erlebnis werden.
- Kreative Ansätze und Visualisierung: Gerade bei Dyskalkulie ist die Fähigkeit, mathematische Probleme bildlich darzustellen, oft eine wertvolle Hilfe. Hier kommen kreative Methoden wie das Arbeiten mit konkreten Materialien, Skizzen und Zahlenlinien zum Einsatz. Solche visualisierten Darstellungen erleichtern den Schülern das Verständnis abstrakter mathematischer Konzepte.
- Spiele und Rätsel: Mit mathematischen Spielen, Apps oder Rätseln lässt sich das Interesse an der Materie spielerisch wecken. Tolle Anregungen gibt Susanne Seyfried in ihrem Blogbeitrag „Spielerisch Mathe in den Ferien lernen“
- Kleine, erreichbare Ziele setzen: Eine wichtige Strategie ist es, das Lernen in kleine, überschaubare Schritte zu unterteilen. Indem Kindern immer wieder Erfolgserlebnisse ermöglicht werden, wachsen sowohl ihre mathematischen Fähigkeiten als auch ihr Selbstvertrauen.
- Förderung der Selbstständigkeit: Wenn Kinder und Jugendliche lernen, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln, stärkt das nicht nur ihr mathematisches Verständnis, sondern auch ihre Selbstständigkeit. In der Lerntherapie geht es darum, den Schülern Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie sich selbständig durch mathematische Herausforderungen bewegen können.
- Verbindung zur Alltagswelt: Mathematik muss nicht immer im Klassenzimmer stattfinden. Im Alltag gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Mathematik praktisch anzuwenden – sei es beim Einkaufen, beim Kochen oder beim Planen eines Ausflugs. Wenn Kinder und Jugendliche erkennen, dass Mathematik auch außerhalb der Schule nützlich ist, wächst ihr Interesse und Verständnis für das Fach.
Mathe fürs Leben – Ein besonderes Buch!
Ich bin über dieses großartige Buch gestolpert. Eine Mädchen, das bei mir in der Dyskalkulie-Therapie war, hat es für mich probe gelesen und war absolut begeistert. Unsere ständigen Diskussion darüber, dass sie das doch nie brauche und Mathe völlig unwichtig sei waren danach vorbei.




Mathe braucht nicht jeder gleich, aber jeder kann es lernen
Die Auseinandersetzung mit der Einstellung „Mathe brauche ich nicht“ ist ein zentraler Bestandteil der Dyskalkulie-Therapie. Durch offene Gespräche, positive Erfahrungen, das Aufzeigen der Relevanz von Mathematik und individuelle Lernstrategien können wir die Schüler darin unterstützen, ihre Sichtweise zu ändern und Freude am Lernen zu finden. In der Lerntherapie geht es nicht nur darum, mathematische Kenntnisse zu vermitteln, sondern vor allem darum, den Schülern zu helfen, ihre Ängste und Frustrationen zu überwinden und Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu gewinnen.
Mit der richtigen Unterstützung, Motivation und gezielten Förderansätzen können auch Kinder mit Dyskalkulie wieder Spaß an Mathematik entwickeln und erkennen, dass das Fach keineswegs unüberwindbar ist. Mathematik kann ein spannendes und wertvolles Fach sein, das weit über die Schulzeit hinausgeht!
Sehr lesenswert ist auch der Blogbeitrag von Susanne Seyfried zum Thema Matheangst.
Meine Kollegin Sabine Landua hat ganz praktische Mathe Tipps für den Advent gesammelt.
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